Weiß ist am Zug und setzt in zwei Zügen Matt.




Steht auf jedem der kleinen Schachrätsel des Bonner General Anzeigers, welche die Künstlerin Molly Noebel, auf einer der von ihr zurzeit in der Galerie ihres Mannes Christoph Noebel –Artspace K2 – ausgestellten Collagen, zeigt. Man kann dieses „Weiß ist am Zug“ ohne weiters als Untertitel oder weitere Erklärung der unter dem Titel: „Mitgehangen“ ausgestellten Arbeiten verstehen. Die direkt daneben hängende Arbeit: „Obama, die Funktion eines Schwarzen“ macht das Politische der gesamten Ausstellung noch deutlicher.

Es geht der Künstlerin in dieser Ausstellung um menschliche Identität und die Prägung derselben durch den Ort der Geburt, Gender und Lebenslauf. Die Regularien, die sich daraus ergeben, nennt sie Zivilisation. Also, wenn wir wissen was und wer wir sind, oder glauben es zu wissen, ergibt sich daraus der Platz und die Ordnung unseres Zusammenlebens. Man könnte sagen, es ist das Schicksalhafte der Gegebenheit des Ortes wo wir geboren, in welcher Familie und welches Gender man uns zugeteilt hat. Mitgehangen heißt auch mitgefangen.

Der chinesische Philosoph Zhuang zi schreibt: ich zitiere aus Francois Jullien „Schattenseiten“:
„Sobald wir mit unserer körperlichen Beschaffenheit ausgestattet wurden, kommen wir nicht mehr [aus ihr) heraus, bis es zu Ende ist. Mit den Wesen da draussen stösst man zusammen, bekriegt sich gegenseitig, der Wettlauf endet wie im Galopptempo, ohne das irgendwas ihn aufhalten könnte: Ist das nicht beklagenswert! Sein ganzes Leben ist man dabei, sich zu plagen, ohne jemals Erfolg zu haben; bis zur Erschöpfung bemüht und unterwirft man sich, ohne zu wissen, wohin das alles führt: Ist das nicht jämmerlich! Die Leute nennen es „nicht Tod sein“, doch was gewinnt man dabei“?

Molly Noebel sieht dieses „Mitgehangen“ oder „Mitgefangen“ nicht so Negativ wie Zhuang zi. Sie sieht es fröhlich, besser gesagt spielerisch, so wie ihre Arbeiten, welche von wunderbarer Leichtigkeit sind. Nein, sie sieht es eher wie der vor einigen Monaten verstorbene Hawaiianische Zenmeister Robert Aitken, der seinen Meister Raben auf die Frage nach dem Sinn des Karmas, also in gewisser Weise Schicksal, antworten liess:

„Hilf mir nicht in der Lüge zu Leben.“



Eine riesige Installation des
Weltunterganges

von Doku-shin


Foto: Eberhard Marx

Am Freitag, dem 10.09.2010, fand die Vernissage der Ausstellung der Künstlergruppe Are-Gilde im ehemaligen Regierungsbunker aus der Zeit des kalten Krieges zum Thema „Grenzen“ statt. Als teilnehmende Künstlerin, ich hatte drei Tuschzeichnungen zum Thema eingereicht, bin ich der Einladung gefolgt und habe mir das Event, wie man so ,neudeutsch‘ sagt, angetan.

Begleitet von der Performance - Künstlerin, „Karindampf in allen Kunstgassen“ Karin Meiner, fuhren wir an diesem von Regen geplagten Abend zu den wolkenverhangenen Weinbergen des Ahrtals. Schlugen uns durch, auf schmalen Pfaden, zu dem einstigen geheimen Hort des atomaren Grauens, verborgen unter ungezählten möglichen Hektolitern roten Ahrweines, wo unsere Grosskotzerten dieses Grauen hofften zu überleben.

Trotz des Regens, die Vernissage war gut besucht, es war brechend voll am Eingang der Regierungskatakombe -, traten sich die Besucher auf die Füße, und es war fast alles da was in dieser kleinen lokalen Szene Rang und Namen hatte. Wir drückten uns vor der Rede und schlugen uns durch den ellenlangen Tunnel zur eigentlichen Ausstellung durch.

Ich habe es schon immer bedrückend gefunden mich im Innern der Erde, sozusagen maulwurfartig zu bewegen. Aber das hier war bedrückender. Dieses Bauwerk erinnerte mich an Murakami Harukis Roman „Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt“.

Ähnlich wie Murakamis Unterwelt unter Tokio ein Paralleluniversum darstellt, aber in Wahrheit der Spiegel des Molochs Tokio ist,
ist dieser Bunker der Spiegel der Bundesrepublik Deutschland und das eigentliche Kunstwerk. Allein in seinen Ausmaßen. Egal was man da als Künstler gegensetzt, es ist zu wenig um sich zu behaupten.

Sicher, die Arbeiten der dort vertretenen Künstler haben ihren Rang,
werden aber zwangsläufig von der Gewalt des Ortes erdrückt. Wenn man dort, wo das Museum, was der Ort ja heute ist, steht und in die unendliche Leere des dahinter weiterlaufenden Tunnels blickt, ahnt man wie schwer es sein muss für einen zeitgenössischen Künstler, dies auszudrücken.

Am deutlichsten wurde das noch in der Performance der beiden Künstler Gregor Bendel und Rolf Habel, aber dies auch nur in den kurzen Momenten des Doors Zitat aus „Apocalypse Now“ sowie dem Zarah Leander Zitat.

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Es liegt nicht an der Qualität der Arbeiten, wo von einige wirklich sehr beeindrucken. Es liegt am Ort. Und ich habe in meinem Leben nur ein Kunstwerk je gesehen was gegen die Realität diese Ortes anstinken könnte. Das ist Joseph Beuys Installation: „Das Ende des zwanzigsten Jahrhunderts.“